Standortvernetzung in der IP-Telefonie
Unternehmen mit mehreren Standorten sind auf eine zuverlässige und schnelle Datenverbindung und Kommunikation zwischen den Standorten angewiesen. Nur so sind eine ganzheitliche Organisation und ein reibungsloser Betrieb möglich. Dabei gibt es ganz unterschiedliche Ansätze, um die Vernetzung mehrerer Standorte sowie die Anbindung von Mitarbeitenden im Homeoffice zu ermöglichen.
Wir wollen an dieser Stelle erläutern, wie Filialanbindung und die Standortvernetzung für Unternehmen grundlegend funktionieren. Dabei erläutern wir vor allem, welche Möglichkeiten sich in Bezug auf IP-Telefonie und moderne Telekommunikation bieten. Und natürlich gehen wir auch auf Vor- und Nachteile der einzelnen Ansätze ein.
Was heißt eigentlich filialfähig?
Bei IT- und Softwarelösungen bezieht sich der Begriff „Filialfähigkeit“ im Allgemeinen darauf, dass Lösungen standortübergreifend und ortsunabhängig oder zur Integration mehrerer Standorte eingesetzt werden können.
Der Bedarf nach filialfähigen Lösungen kann in nahezu allen Branchen und Unternehmensbereichen auftreten, z.B. in ERP-Systemen zur Verwaltung aller Geschäftsprozesse eines Unternehmens, Warenwirtschaft, Kassensystemen, CRM-Systemen zur Pflege von Kundendaten, dem standortübergreifenden Zusammenarbeiten und Teilen von Dokumenten, und natürlich auch in Telefonie- und Kommunikationslösungen.
Wie funktioniert Standortvernetzung grundsätzlich?
In der Netzwerktechnik erfolgten Filialanbindung und die Vernetzung mehrerer Standorte früher meist über private Punkt-zu-Punkt-Netze auf Grundlage von ATM (Asynchronous Transfer Mode) oder Frame Relay. Heute erfolgt Standortvernetzung meist auf Basis kosteneffizienterer virtueller privater Netze (VPN) und einfacher IPsec- (Internet Protocol Security) oder sicherer MPLS- (Multiprotocol Label Switching) Protokolle.
Seit einigen Jahren werden auch auf Ethernet basierende Lösungen vermehrt eingesetzt, motiviert durch einen stetig zunehmenden Bedarf nach mehr Bandbreite zu gleichzeitig geringeren Kosten und erhöhter Sicherheit. Ein bestehendes MPLS- oder Ethernet-Netz kann außerdem mit sogenanntem SD WAN optimiert und erweitert werden. SD WAN steht für Software-Defined Network, also einem Software-definiertem Netz mit zentraler Admin-Oberfläche zur einfachen Verwaltung. Vor allem bei internationalen Standorten ist MPLS in der Regel zu teuer und SD WAN eine sichere Alternative zu geringeren Kosten.
Wie die Standortvernetzung umgesetzt wird, beeinflusst natürlich auch, wie die IP-Telefonie zwischen den Standorten erfolgen kann. Handelt es sich bspw. um einzelne lokale Netze oder wurden diese zu einem gemeinsamen WAN zusammengeführt? Die Vernetzung der Standorte und die Telefonie sollten daher möglichs frühzeitig gemeinsam betrachtet werden.
Alternativ zur Standortvernetzung über VPN gibt es in der IP-Telefonie Anbieter, die SIP- und RTP-Traffic über einen einzelnen TCP-Port übertragen, indem die Verbindung via SBC aufgebaut wird. Eine weitere Alternative ist STUN-Provisionierung einzelner Nebenstellen. Dabei handelt es sich um eine offene, unverschlüsselte Verbindung, i.d.R. ohne spezielle Netzwerkkonfiguration. Neben erhöhter Sicherheit bietet sich bei mehreren Geräten an einem Standort aufgrund einfacherer NAT-Anbindung eher der Weg über SBC oder VPN an.
Welche Vorteile bieten VoIP und Standortvernetzung?
Ein, wenn nicht der wesentliche Vorteil ortsunabhängiger und standortübergreifender IP-Telefonie liegt darin, Funktionen und Anwendungen standortübergreifend nutzen zu können, wie z.B. Kurzwahl und Belegtlampenfeld (BLF). Die Kommunikationen und Zusammenarbeit zwischen den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und damit Effizienz der einzelnen Standorte und des Unternehmens insgesamt wird erheblich gesteigert.
Professionelle Telefonanlagen ermöglichen, von einem Standort aus über die lokalen Netzbetreiber eines zweiten Standortes nach außen zu telefonieren. Das kann nicht nur die Gesprächskosten senken, sondern stellt sich dem externen Gesprächspartner gegenüber so dar, als würde er tatsächlich mit dem zweiten Standort telefonieren. Eine automatische Rufumleitung kann in dem Zusammenhang dabei helfen, Grenzen und Zeitzonen zu überwinden. Falls z.B. in einem ausländischen Büro bereits Feierabend ist, können die Kollegen in Deutschland gegegebenfalls immer noch Anrufe entgegegen nehmen.
Ein weiterer wesentlicher Vorteil der Vernetzung von Standorten in Bezug auf moderne Telekommunikation und IP-Telefonie liegt in der langfristigen Kostenersparnis. Abhängig vom Anbieter fallen bei Telefonaten zwischen den miteinander vernetzten Standorten i.d.R. keine Gesprächskosten an. Im Falle von Telefonanlagen, die die Anzahl von gleichzeitigen Telefonaten über Lizenzen begrenzen, sollte allerdings geklärt werden, ob dies auch die unternehmensinterne Kommunikation betrifft.
Für easybell kann gesagt werden, dass ohnehin innerhalb des easybell-Netzes kostenlos miteinander telefoniert werden kann.
Welche Anforderungen sind für standortübergreifende Telefonie zu erfüllen?
Was ist also zu beachten? Zunächst ist sicherzustellen, dass der Internetanschluss am Standort der Telefonanlage über ausreichend Bandbreite verfügt, um die Telefonie ohne Qualitätsverlust zentral darüber laufen zu lassen.
Der Bandbreitenbedarf hängt u. a. davon ab, welche Codecs für die Codierung und Decodierung von Sprachpaketen verwendet werden. Für den g.711 Codecs bei klassischer Festnetztelefonie besteht bspw. je Gesprächskanal und Gesprächsrichtung ein Bandbreitenbedarf von etwa 100 Kbit/s. Andere Codecs haben dagegen einen höheren Bedarf, wie z.B. g.722 für HD-Telefonie.
Außerdem sollte die Netzwerkkonfiguration der einzelnen Standorte VoIP priorisieren (Quality of Service, kurz QoS), um optimale Sprachqualität und gegebenenfalls Bildqualität bei Videotelefonie zu gewährleisten.
Filialfähigkeit von Inhouse-Telefonanlagen
Die Wahl der Telefonanlage kann die Möglichkeiten der Standortvernetzung stark beeinflussen, je nach Hersteller und Typ, etwa Inhouse gegenüber Hosted.
Für die Anbindung von Heimarbeitsplätzen oder kleineren Außenstellen genügt bei lokal betriebenen On-Premise- oder Inhouse-Telefonanlagen je nach Anbieter eine zentrale Telefonanlage am Hauptstandort. IP-fähige Endgeräte, die sich an anderen Standorten befinden, können sich direkt an der zentralen TK-Anlage anmelden. Eine Möglichkeit kann z.B. eine VPN-Verbindung sein, mit der sich auch sichere Telefonie umsetzen lässt. Bei einer solchen Verbindung wird auch von einem VPN-Tunnel gesprochen, wobei die komplette Datenübertragung verschlüsselt erfolgt. Alternativ kann die Verbindung via SBC aufgebaut werden.
Zudem lassen sich je nach Anbieter, etwa an größeren Standorten, mehrere Systeme miteinander vernetzen. Der SIP-Trunk mit der Ortsvorwahl des jeweiligen Standortes kann an der entsprechenden TK-Anlage registriert werden. Professionelle Telefonanlagen ermöglichen interne Telefonie zwischen den vernetzten Standorten. Je nach Anlagenhersteller, kann in den einzelnen TK-Anlagen bereits ein SBC integriert sein oder alternativ ein Drittanbieter angebunden werden.
Filialfähigkeit von Cloud-Telefonanlagen
Cloud-Telefonanlagen, wie z.B. von easybell, sind aufgrund ihres dezentralen Ansatzes und ihrer Standortunabhängigkeit gut für eine Anbindung externer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und Außenstellen geeignet, da ohnehin alle Nebenstellen einer Firma über das Internet mit der Cloud-Telefonanlage verbunden werden. Über eine Benutzeroberfläche im Webbrowser lassen sich Endgeräte, Nebenstellen, Funktionen und Mitarbeiterzugänge bequem verwalten. Telefone können auch bei mehreren Standorten an der Telefonanlage flexibel an- bzw. abgemeldet werden.
Ortsunabhängige SIP-Trunks
Je nach SIP-Anbieter und Tarif lassen sich auch IP-basierte Telefonanschlüsse (SIP-Trunks) standortunabhängig und nomadisch nutzen. So ist es möglich, auch externen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern am Heimarbeitsplatz oder in Außenstellen eine Rufnummer eines Rufnummernblockes zuzuweisen und Gesprächspartnerinnen und -partnern die vertraute Rufnummer des Unternehmens anzuzeigen. Umgekehrt ist es aber auch praktikabel, weiteren Firmenstandorten und Außenstellen eigene Rufnummern mit jeweiliger Ortsvorwahl zuzuweisen. Hierfür können mehrere SIP-Trunks innerhalb einer Telefonanlage registriert und die einzelnen Durchwahlen den Nebenstellen der entsprechenden Mitarbeiter zugewiesen werden.
Für Kundinnen und Kunden mit mehreren Standorten und folglich mehreren SIP-Trunks bieten Anbieter wie easybell die Möglichkeit, die Anschlüsse zentral online zu verwalten und anstelle einzelner Rechnungen für die einzelnen Anschlüsse sogenannte Sammelrechnungen. Darin werden alle Aufträge und Anschlüsse zusammen aufgeführt und abgeechnet.