Die Mitteilung „Kunde nicht angetroffen“ ist wohl eines der größten Ärgernisse bei DSL-Schaltungen. Ärgerlich vor allem dann, wenn der Kunde entgegen der Aussage des Technikers der Deutschen Telekom versichert, tatsächlich vor Ort gewesen zu sein. Das wollte easybell nicht länger hinnehmen und verklagte die Deutsche Telekom. Auch wenn die Klage nun abgewiesen wurde, hat sie zahlreiche Nutzer und Medien für das Thema sensibilisiert. Denn Probleme mit Technikerterminen betreffen Anbieter und Kunden gleichermaßen.

Geplatzte Technikertermine – leider nichts Neues

Bereits im November 2016 hatten wir uns an dieser Stelle mit dem Thema des geplatzten Technikertermins beschäftigt. Der Hintergrund: Immer mehr unzufriedene Kunden kontaktierten uns, um sich zu Recht über nicht erschienene Telekom-Techniker zur Freischaltung ihres DSL-Anschlusses zu beschweren. Die Kunden hätten sich extra frei genommen oder wichtige Termine verschoben, um vor Ort sein zu können. Der Unmut war nachvollziehbar, die Forderung, easybell möge etwas dagegen unternehmen, wurden lauter. Doch ganz so einfach ist das nicht.

Als Provider arbeitet easybell mit verschiedenen Netzbetreibern (Carriern) zusammen. Die Teilnehmeranschlussleitung (TAL) oder auch „letzte Meile“ jeder Leitung gehört jedoch immer der Telekom, ganz gleich, wer der Provider und wer der Carrier ist. Einzige Ausnahme: Kabelnetzbetreiber und einige lokale Anbieter. Im Falle einer DSL-Schaltung muss daher immer ein Telekom-Techniker entweder zur Schaltung zu den Kunden nach Hause kommen oder aber die Schaltung kann von der Vermittlungsstelle durchgeführt werden. Welche Variante durchgeführt wird, entscheidet die Telekom. Fremdkunden wie Wettbewerber sind hier somit abhängig von der Service-Qualität der Deutschen Telekom.

Dies erklärten wir in unserem Blogbeitrag und beantworteten gleichzeitig die meist gestellten Fragen rund um DSL-Schaltungen und Technikertermine.

Nach Veröffentlichung unseres Blogbeitrags konnten wir immerhin mehr Verständnis auf Kundenseite gewinnen. Doch am Zustand und der Arbeitsweisen der Techniker änderte sich nichts. „Kunde nicht angetroffen“ ist und bleibt „Deutschlands Telko-Ärgernis Nr.1“, wie die im Mai 2018 erschienene repräsentative Studie von Vodafone ebenfalls beweisen konnte. Und noch mehr (Quelle Vodafone):

  • Jeder 3. Telekom-Techniker-Termin in Deutschland schlägt fehl – bis zu 6.000 Fehltermine täglich
  • Deutsche Bundesbürger verschwenden für Telekom-Fehler 2,2 Millionen Urlaubstage
  • Volkswirtschaftlicher Schaden in Milliardenhöhe wegen geplatzter Termine mit Telekom-Technikern
  • Deutschland im internationalen Vergleich bei Bereitstellungsdauer von Internet-Anschlüssen auf letztem Platz

Und: Der Ruf der Anbieter ist in Mitleidenschaft gezogen, denn denen sind trotz eidesstattlicher Versicherungen der Kunden die Hände gebunden. „Uns ist unverständlich, dass die Deutsche Telekom den Montagenachweisen ihrer Techniker stets blind vertraut und die eidesstattlichen Versicherungen der Kunden als nicht glaubwürdig abtut“, so easybell-Geschäftsführer Dr. Andreas Bahr.

Schlussendlich brachte eine vergebliche VDSL-Schaltung in einem städtischen Krankenhaus für easybell das Fass zum Überlaufen: Der Techniker der Deutschen Telekom behauptete viermal, keinen Ansprechpartner angetroffen zu haben und das, obwohl der Empfang rund um die Uhr besetzt ist. „Die Empfangsmitarbeiter versicherten eidesstattlich, dass sich nie ein Techniker gemeldet hat. Außerdem hat zu einem dieser Termine der Techniker sogar selbst erklärt, erst nach dem vereinbarten Zeitfenster dort gewesen zu sein“, so Herr Dr. Bahr.

easybell verklagte die Deutsche Telekom – leider vergebens

Dieser und weitere Fälle waren Anlass für eine Unterlassungsklage gegen die Deutsche Telekom (LG Berlin, 92 O 2/17 Kart): Deren Techniker sollten es bei Androhung eines Ordnungsgeldes unterlassen zu behaupten, einen Kunden nicht angetroffen zu haben, obwohl sie gar nicht vor Ort gewesen waren.

Anfang Mai urteilten die Richter des Landgerichts Berlin zugunsten der Deutschen Telekom. Ihre Begründung: Es würde ein neuer Termin vereinbart, und die Telekom hätte hierdurch keinen Vorteil. Ob die Aussagen der Techniker „Kunde nicht angetroffen“ im Einzelfall unzutreffend waren, war für die Entscheidung nicht mehr wichtig. 

Obwohl easybell verloren hatten, entschieden wir uns dazu, trotzdem eine Pressemitteilung zum Ausgang des Urteils zu veröffentlichen, um auch in diesem Fall für unsere Kunden transparent zu bleiben und zu zeigen, dass wir uns nicht mit den bestehenden Strukturen zufrieden geben wollen.

Gemeinsamer Tenor in den Reaktionen auf das Urteil

Nach Veröffentlichung der Mitteilung griffen viele Fachmedien das Thema auf. So berichteten unter anderem Teltarif und Golem über das Urteil, auch die Funkschau nahm sich online dem Thema an. Des Weiteren erreichten uns Meldungen und Anfragen von Journalisten und Kunden, die das Urteil als ebenso unverständlich und ungerechtfertigt empfanden wie wir. Twitternutzer Gerald Hopf schrieb:

„Die Begründung des Gerichts ist ja vollkommen aberwitzig. Da hat wohl jemand keine Lust mehr auf seinen Job und macht Dienst nach Vorschrift. Übel dass solche Inkompetenz in unserem Land zugelassen wird.”

Weiterhin wollte ein Nutzer auf Twitter von der Bundesnetzagentur wissen, was sie „zum Vorwurf systematischer Wettbewerbsbehinderung durch geplatzte Techniker-Termine“ sage. Diese antwortete, als wäre das Problem nicht bereits hinlänglich bekannt:

„Vereinbarung von Technikerterminen sowie die sonstige Zusammenarbeit sind durch die beteiligten Unternehmen zu organisieren. Anbieter die sich benachteiligt fühlen können die Bundesnetzagentur zwecks Erlass entsprechender Anordnung anrufen.”

Das animierte manch Follower dazu, kreativ zu werden:

„Okay; ich werde ab sofort jeden geplatzten Termin mit der DTAG bei der BNetzA melden. Ich denk dabei auch über einen Video/Fotobeweis nach.”

Große Resonanz auch bei Kunden anderer Anbieter

Auch Kunden anderer Provider meldeten sich bei unserem Supportteam, nachdem sie online vom Gerichtsurteil erfahren hatten. Darunter auch Herr L.*. Die Firma, in der er tätig ist, hat insgesamt fast 100 Standorte in ganz Deutschland. An ca. 35 Standorten jährlich würden Techniker-Termine vereinbart, gerade einmal die Hälfte davon aber tatsächlich eingehalten werden. Er erklärte sich bereit, uns seine Erfahrungen für unseren Beitrag zu schildern.


Herr L., war es für Sie möglich, nachzuweisen, dass jemand zum Zeitpunkt des Techniker-Termins vor Ort war?

Herr L.: Ja, wenn die Filiale offen ist, ist natürlich auch IMMER jemand vor Ort, logischerweise. Unabhängig davon steht uns unser interner EDV-Techniker bei Schaltung immer zur Verfügung.
 

Sie konnten also nachweisen, dass jemand da war. Wie wurde diese Information seitens Ihres Anbieters aufgenommen?

Herr L.: Nach einem geplatzten Techniker-Termin haben wir uns per Mail an unseren Anbieter gewandt. Dieser versuchte, einen neuen Termin zu koordinieren. Auch bei unserem Anbieter ist das Problem bereits hinreichend bekannt und die Kollegen versuchten immer, es zu lösen. Das ging sogar so weit, dass der Anbieter Techniker zur Assistenz und/oder Leitungsschaltung vorbereitend zu uns schickte, die die Dosen und neuen Kabel bis zum APL prüften, damit hier schon alles passt und bei Schaltungsterminen keinerlei Probleme im Weg stehen würden.
 

Was meinen Sie, woran es liegt, dass Techniker-Termine nicht zustande kommen?

Herr L.: Das ist schwer zu sagen. Ich vermute, eventuell ist eine geringe Prio der Leitungsmieter ein Punkt.
 

Meinen Sie, dass dies Auswirkungen auf die Wahrnehmung der betroffenen Anbieter haben wird?

Herr L.: Ich denke, es wirkt sich tatsächlich nur negativ auf die Provider aus, bei denen die Störung auftritt und eher subtil positiv auf die Telekom, da deren Techniker die Sachen letztlich „reparieren“.

Fazit: Es bleibt beim Freibrief für Telekom-Techniker zur Falschaussage

Das Thema bleibt wichtig, auch wenn für easybell der Rechtsweg ausgeschöpft ist. Eine konstruktive Lösung des Problems konnte vorerst nicht herbeigeführt werden. Es bleibt die Hoffnung, dass sich die Bundesnetzagentur des Themas eingehender annimmt als sie es in genanntem Tweet vermittelt. Sie könne die Telekom zum Beispiel verpflichten, alle mutmaßlichen Falschaussagen ihrer Techniker systematisch zu erfassen und dahingehend auszuwerten, ob einzelne Mitarbeiter häufiger behaupten, Kunden nicht angetroffen zu haben.

Wird dies nicht geschehen, so bleibt es dabei, dass die weniger motivierten Techniker weiterhin nicht befürchten müssen, entdeckt zu werden. Dieses fehlende Risiko bedeutet faktisch ein Freibrief für Telekom-Techniker zur Falschaussage, was es wirklich zu verhindern gilt.

 

*möchte anonym bleiben

Stand: 08. November 2023